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Richard Pils, Adalbert Stifter
Die Sonnenfinsternis


Der bekannte österreichische Dichter Adalbert STIFTER beobachtete von seinem Wohnhaus in Wien die letzte in Österreich sichtbare totale Sonnenfinsternis.

"[...] Ein einstimmiges "Ah" aus aller Munde, und dann Totenstille, es war der Moment, da Gott redete und die Menschen horchten. Hatte uns früher das allmähliche Erblassen und Einschwinden der Natur gedrückt und verödet und hatten wir uns das nur fortgehend in einer Art Tod schwindend gedacht: so wurden wir nun plötzlich aufgeschreckt und emporgerissen durch die furchtbare Kraft und Gewalt der Bewegung, die da auf einmal durch den ganzen Himmel lag; Horizontwolken, die wir früher gefürchtet, halfen das Phänomen erst recht bauen, sie standen nun wie Riesen auf, von ihrem Scheitel rann ein fürchterliches Rot, und in tiefem, kaltem, schwerem Blau wölbten sie sich unter und drückten den Horizont. Nebelbänke, die schon lange am äußersten Erdsaume gequollen und bloß mißfärbig gewesen waren, machten sich nun geltend und schauderten in einem zarten, furchtbaren Glanze, der sie überlief. Farben, die nie ein Auge gesehen, schweiften durch den Himmel. Der Mond stand mitten in der Sonne, aber nicht mehr als schwarze Scheibe, sondern gleichsam halb transparent wie mit einem leichten Stahlschimmer überlaufen, rings um ihn kein Sonnenrand, sondern ein wundervoller, schöner Kreis von Schimmer, bläulich, rötlich, in Strahlen auseinanderbrechend, nicht anders, als gösse die oben stehende Sonne ihre Lichtflut auf die Mondeskugel nieder, daß es rings auseinanderspritzte. Das Holdeste, was ich je an Lichtwirkung sah! Draußen, weit über das Marchfeld hin, lag schief eine lange, spitze Lichtpyramide gräßlich gelb, in Schwefelfarbe flammend und unnatürlich blau gesäumt; es war die jenseits des Schattens beleuchtete Atmosphäre, aber nie schien ein Licht so wenig irdisch und so furchtbar, und von ihm floß das aus, mittelst dessen wir sahen. Das Phantom der Stephanskirche hing in der Luft, die andere Stadt war ein Schatten, alles rasseln hatte aufgehört, .... jedes Auge schaute zum Himmel ... nie, nie werde ich jene zwei Minuten vergessen - es war die Ohnmacht eines riesenhaften Körpers, unserer Erde. [...] "

Der Autor
Der 1805 in Oberplan (Böhmerwald) geborene Adalbert Stifter war der Sohn eines Leinewebers und Flachshändlers. Nach der Gymnasiumszeit im Benediktinerstift Kremsmünster studierte er ab 1826 die Rechte in Wien, ohne aber eine Schlußprüfung zu absolvieren. In den 1830er Jahren bewarb er sich mehrmals erfolglos um Anstellungen als Lehrer und verdiente dann seinen Lebensunterhalt als Privatlehrer. Nachdem ihm 1840 die Veröffentlichung der Erzählungen "Der Condor" und "Feldblumen" erste Erfolge gebracht hatte, lebte er bis 1850 als freier Schriftsteller. Nach den Märzunruhen von 1848 in Wien zog sich Stifter nach Linz zurück, wurde zum Schulrat ernannt, 1853 von der "Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen Denkmale" zum Konservator für Oberösterreich bestellt. 1865 trat Stifter, wohl seit 1863 unheilbar erkrankt, durch lästige Verwaltungsarbeit und finanzielle Bedrängnis verbittert, in den Ruhestand. Nach einem Selbstmordversuch starb er 1868 in Linz.

Bibliothek der Provinz, 1995, 30 S.
10,00 Euro
Hardcover, m. Zeichn.
ISBN: 978-3-900878-20-7




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